Wirkung des Nebeneinander

Am besten kann man diese Wirkung mit Hilfe eines Experimentes erklären. Das Experiment, von dem zu berichten ist, ist eher auf den täglichen Umgang beschränkt. Es sind die Tätigkeiten des „Man nehme“, „Man tue“ und „Man wir sehen“. Diese sind aber auch auf Geisteswissenschaften anwend- und übertragbar.
Karl Marx schrieb mal eine Bemerkung dazu nieder. „Die Summe der mechanischen Kräfte der einzelnen Arbeiter unterscheidet sich von der mechanischen Kraft, welche entsteht, wenn eine Menge von Händen, gleichzeitig und zusammen, an einer und derselben Operation beteiligt sind. Die Tätigkeit, welche sich bei dieser kombinierenden Arbeit entwickelt, könnte bei Bemühung einzelner vereinzelter Arbeiter entweder gar nicht zustande kommen, oder nur in einer viel längeren Zeitperiode, oder nur in einem sehr geringen Umfang[…]“ Davon abgesehen, dass sich schon die reine Muskelkraft durch jeden einzelnen Arbeiter erhöht, steigert sich zudem auch noch der psychologische Aspekt. Der bloße gesellschaftliche Kontakt steigert die Produktivität durch das Wetteifern und regt die Lebensgeister, jedes Einzelnen an, was wiederum die individuelle Leistungsfähigkeit des erhöht. So können 12 Personen zusammen an einem gleichzeitigen Arbeitstag von 144 Stunden ein viel größeres Gesamtprodukt liefern als ein dutzend vereinzelter Arbeiter, von denen jeder 12 Stunden, oder als 1 Arbeiter, der 12 Tage nacheinander, arbeitet. Aristoteles meint, dass das daher rührt, dass der Mensch von Natur aus, ein politisches gesellschaftliches Tier ist. Es handelt sich hier nicht um Erhöhung der individuellen Produktivkraft durch die Kooperation, sondern um die Schöpfung einer Produktivkraft, die an und für sich Massenkraft sein muss.
Woher kommt diese Produktivkraft? Hier können sich drei einander nicht unbedingt notwendig ausschließende Möglichkeiten ergeben: Die Leistungserhöhung könnte darauf zurückgehen, dass der einzelne Arbeiter die Übrigen als Zuschauer auffasst, deren Kritik er sich nicht aussetzen möchte. Zweitens ließe sich an ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Arbeitenden denken und drittens an einen zusätzlichen Schaffungsimpuls stimmungsmäßiger Art, etwa an ein Geborgensein im einheitlichen Geschehensstrom. Diese Möglichkeiten der des gruppendynamischen Prozesses wurden in einem Experiment von F.H. Allport bestätigt. Allport beobachtete eine auffällige soziale Leistungssteigerung, hinsichtlich der Quantität der Arbeit. Seine Studenten erhielten linierte Blätter, auf denen sie ohne Auswahl Wörter niederzuschreiben hatten, die ihnen in den Sinn kamen. Mehr als 90 Prozent der Versuchspersonen (14 von 15) produzierten im Zusammen – Versuch mehr als im Allein – Versuch. Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch die Untersuchungen von R.B. Zajonc (1965 – 1966) in denen davon ausgegangen wurde, dass das soziale Nebeneinander eine Steigerung des Erregungszustandes der einzelnen Personen mit sich bringt. Es hängt dann im Wesentlichen vom Schwierigkeitsgrad der gestellten Aufgaben ab, ob ein Mehr an Erregung auch zu besseren Leistungen führt. Gut zu sehen ist das an Versuchspersonen denen eine Aufgabe schwer fällt. Hier wird in einer Situation gesteigerter Erregung eher mit einer Leistungsverschlechterung zu rechnen sein. Als erster scheint Triplett (1897) Individualleistung und die Leistung des Individuums in der Gruppe miteinander verglichen zu haben. Er stellte zehn- bis zwölfjährigen Kindern, die Aufgabe Angelschnüre auzurollen. Im Beisein anderer übertrafen dabei zwanzig von vierzig Versuchspersonen ihre eigene Allein – Geschwindigkeit, zehn blieben hinter dieser zurück, und bei zehn Kindern zeigte sich kein Unterschied. Tripletts Schlussfolgerung lautete dahin, dass die körperliche Gegenwart von Konkurrenten latente Energien frei werden lässt, die ansonsten nicht zur Verfügung stehen.

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