Da ich relativ viel Zeit, in meiner Kindheit, auf dem Colditzer Industriegebiet verbrachte habe, dachte ich mir geh mal wieder zurück zu deinen Wurzeln.
Das VEB Colditzer Porzellanwerk war in einem Kombinat mit dem Porzellanwerk Kahla. Der VEB hatte in seiner Blütezeit bis zu 5000 Mitarbeiter.
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Das müsste so ziemlich das letzte Bild vom Porzellanwerk sein, welches es so in seiner Vollständigkeit zeigt. Nun dachte ich mir, machst du mal 15 Jahre nachdem du mit deinem Opa das letzte mal deine Kontrollrunde gelaufen bist, wieder einen Abstecher in diese Gegend.
Startpunkt ist die Reklametafel:
Das Porzellanwe ist im laufe der Zeit verloren gegangen. Die letzten Buchstaben sind mittlerweile auch demontiert und im Colditzer Museum archiviert worden, damit der Zahn der Zeit nicht mehr ganz so stark daran nagt.
Anschließend ging es zum Treppenaufgang der Bahnstation, der früher einmal von 1000-1500 zur Arbeit gehenden/verlassenden Menschen bevölkert wurde.
Es war so gut wie kein durchkommen mehr. Die Schotterpiste wurde wieder komplett von der Pflanzenwelt eingenommen. Früher als Kind hatte ich mich immer gefragt, warum denn jede Woche jemand zur Unkrautvernichtung kam… Jetzt weiß ich es.
Oben am Wartehäuschen angekommen, welches kurz nach der Wende renoviert wurde sah die Welt nicht besser aus:
Mit einem 180° Schwenk konnte man einen Blick auf die Rückseite des Porzellanwerkes erhaschen.
Nun ging der Marsch in Richtung Werkstätten, Instandhaltung und Warenumschlagplatz.
Unter der Kastanie lagen und liegen immer viele Früchte, die ich in meiner Schulzeit abgab um etwas für mein Land zu tun, warum auch immer… Dahinter ist die Instandsetzung in der W 50, L 60, Trabbies, B 1000 immer „auf die Reparatur warteten“. Ich sass in allen drin und fuhr mit denen rum, mein Opa gab Gas versteht sich. 😉 Ja, rechts neben der Werkstatt, da wo jetzt nichts mehr steht, lebte ich die ersten Jahre.
Nun geht es in Richtung Werkstätte über den Warenumschlagplatz.
Da merkt man mal wie schnell Birken wachsen…
Ich dachte schon hier ist die Welt zu ende, doch ich fand ein kleines Schlupfloch um hier zu stehen:
Die Zeit scheint irgendwie still zu stehen, nur vereinzelt hat es das Gebüsch geschafft sich durch den guten alten ostdeutschen Beton zu bohren. Nur der Rost ließ das wahre Alter erahnen.
Ja und hier werkelten knapp 5000 Leute Tag für Tag von 1958 bis 1990. Ein paar Monate nach einem gewissen Tag ging der Stellenabbau los, bis dann schließlich irgendwann komplett die Lichter ausgingen.
Weitere Bilder vom Porzellanwerk gibt es auf:
Nebenbei sind mir noch einige Leichenfledderer aufgefallen:
es wird noch aus dem letzten Quentchen Information versucht bare Münze zu machen. Traurig!
Wollte schon seit längerer Zeit diese Bilder veröffentlichen, eigentlich seit diesem Beitrag von Robert. Nur die Zeit ließ es nicht zu. Auf der einen Seite stimmt es mich traurig, das die Wiedervereinigung solche herben Kollateralschäden zurückläßt. Auf der anderen Seite hätte ich nie mein Abi nachgeholt, studiert und das gemacht was ich jetzt mach.
Hallo Patrick,
ich durchforste immer mal wieder das „Netz“ nach Vergangenem. Dazu zählt Colditz, wo ich aufgewachsen bin, zur Schule ging und schließlich in Grimma das Abitur ablegte. 1976 machte ich die „Flocke“ und lebe seitdem am Bodensee.
Die „Porzeline“ (Volksmund) interessiert mich insofern, als dort meine Mutter von 58 bis zur Rente 88 in der Gießerei beschäftigt war. Ich selbst habe in den Ferien bei den Elektrikern gejobbt (sagt man heute) und auf dem genannten Bahnsteig habe ich den Zug nach Grimma bestiegen. –
Nun ja, wen interessierts. Alte Zeiten eben. Beste Grüße
Von diesem Wartehäusschen bin ich auch allmorgendlich von 1977 bis 1980 in die MAG zum Abimachen nach Grimma gegurkt. Mit dem elend langen Zwischenaufenthalt in Großbothen. Ich glaue, das war immer sooo zeitig, dass diese Uhrzeiten heute gar nicht mehr auf den Weckern draufstehen.